Sport – ein Anitdepressivum?

Das Krankheitsbild „Depression“ begleitet unseren heutigen Alltag immer mehr. Man kann sogar sagen, dass die Depression eine Volkskrankheit geworden ist. Spätestens seit dem tragischen Selbstmord des Torwarts Robert Enke (2009) aufgrund einer depressiven Erkrankung ist dieses Krankheitsbild kein Tabu-Thema mehr. 

In meiner Abschlussarbeit „Sport – ein Antidepressivum“ im Jahr 2012 habe ich mich damit auseinandergesetzt, welche Wirkung Sport auf Depressionen haben kann. Das Wort Antidepressivum bezieht sich hier nicht auf Medikamente, sondern auf eventuell antidepressive Auswirkungen. 

Antriebslosigkeit, gedrückte Stimmung, verminderte Leistungsfähigkeit

Zuerst möchte ich aber darauf eingehen, was eine Depression ist. Jeder Mensch kennt bestimmt das Gefühl, wenn einem alles zu viel wird, man einfach seine Ruhe haben möchte, nicht sprechen möchte oder einfach traurig ist. Dieser Zustand ist für ein paar Stunden oder vllt auch ein bis zwei Tage in Ordnung. Wird dieses Gefühl aber zum Dauerzustand, so steht dies nicht mehr im Verhältnis zur Normalität. Laut dem klinischen Wörterbuch Pschyrembel ist die Depression „eine affektive Störung, die insbes. durch gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Antriebslosigkeit u. verminderte Leistungsfähigkeit gekennzeichnet ist.“ (DE GRUYTER: Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch 2011. Berlin/New York, S.1118). Abzugrenzen sind die Begriffe Depression und Burn out Syndrom, welche manchmal verwechselt werden.
Dieser Beitrag bezieht sich vor allem auf die im ICD-10-GM F32 festgelegte depressive Episode. 

Von vornherein steht fest, dass die Sporttherapie alleine keine depressive Verstimmung heilen kann. Es handelt sich um eine Begleittherapie, die dem Menschen helfen kann, ein positives Selbstbild zurückzuerlangen und die Antriebslosigkeit zu verringern. Mögliche Auswirkungen können in unterschiedlichen Bereichen vorkommen:

Sport kann sich positiv auswirken

Emotional:

Durch das Erreichen neuer kleiner Ziele erkennt der depressive Mensch, dass er – entgegen seiner eigenen Vorstellung – nicht hilflos neben seinem eigenen Leben herläuft. Während des Sports liegt die Konzentration beim Sporttreiben, nicht bei den trüben Gedanken und dem Gefühl der Niedergeschlagenheit. Die gefühlte innere Leere kann durch eine neue Aufgabe verringert werden. 
Zudem werden so genannte Glücksgefühle wie Seretonin oder Dopamin ausgeschüttet.

Imaginativ – kognitiv:

Ein eher inaktives Verhalten eines depressiven Menschen kommt durch den mangelnden Antrieb zustande. Durch das Erreichen eines kleinen neuen Ziels merkt er, dass er zu mehr fähig ist, als er sich selbst momentan zutraut. Das Loben eines Trainers kann mit dazu beitragen, dass ein positives Selbstbild zurückerlangt wird.

Physiologisch – vegetativ:

Das Ziel von Sport ist eine Ausgeglichenheit von Körper, Geist und Seele. Zudem können Spannungen und innere Unruhe abgebaut  sowie gegen die ständige Ermüdung angekämpft werden. 
Bewegung und Sport verhelfen zu einem guten Körpergefühl und sich wohl fühlen in der eigenen Haut.

Motivational:

Durch den Spaß am aktiven Sport kann eine Eigenmotivation körperlicher Aktivität erreicht werden. Die Motivation steigt durch die (kleinen) erreichten Erfolge. Der depressive Mensch spürt, dass er ein angestrebtes Ziel nur dann erreichen kann, wenn er selbst die Kontrolle über seine Fähigkeiten zurückgewinnt.

Begleiterscheinungen und Probleme

Das hört sich bisher alles sehr positiv und einfach an. Leider ist es das aber nicht. Depressive Menschen leiden an einem Geflecht von Symptomen, die nicht einfach überwunden werden können. Denn es gibt von der Krankheit natürlich auch Begleiterscheinungen und Probleme. Durch die Antriebslosigkeit und dem Interessenverlust besteht die Herausforderung darin, depressive Menschen zu vermehrter Bewegung zu motivieren. Auch aufgrund der verminderten Leistungsfähigkeit besteht die Gefahr von Überforderung und Verletzungen. Der Trainingsplan muss also unbedingt individuell auf den Menschen zugeschnitten  und begleitet werden. Kommt es zur Überforderung, fühlt sich der depressive Mensch im negativen Selbstbild bestätigt und fällt in alte Verhaltensmuster zurück. 

Positive Effekte, die durch Sport hervorgerufen werden, sind in der Regel nicht sofort, sondern nur langfristig erreichbar. Bis die ersten Erfolge verspürt werden, kann es dauern. Darauf hinzuarbeiten fällt aber aufgrund der Antriebslosigkeit und fehlenden Zuversicht oft schwer. 

Sport ist nicht gleich Sport

Es gibt mehrere Studien zu den Bewegungsformaten Krafttraining im Gerätebereich, Ausdauertraining anhand der Lauftherapie, Gruppentraining im Kursbereich und Personaltraining für depressive Menschen. Alle Trainingsformate haben viele positive Vorteil, teilweise dieselben. Welches Trainingsformat ist nun DAS perfekte? Es gibt keins. Jeder depressive Mensch leidet unter einem Geflecht unterschiedlicher Symptome. Er sollte es – wenn er dazu in der Lage ist – nach eigenem Empfinden entscheiden, doch sollte man generell empfehlen nicht alleine zu trainieren. Um überhaupt wieder zur Bewegung zurückzukehren, ist das Training mit einem Personal Trainer empfehlenswert, da eine individuelle Betreuung und Motivation möglich ist. Durch das 1:1-Training achtet der Trainer genau darauf, dass sowohl psychisch als auch physisch keine Überlastung entsteht. Auch Ausdauertraining in Gruppen Gleichgesinnter oder mit einem Partner, der über die aktuelle Lage informiert ist, ist sehr zu empfehlen. Es ist also unabdingbar, die Menschen, mit denen sich bewegt werden soll, in die Problematik einzuführen. Daher ist ein normales Gruppentraining zB im Fitnessstudio nicht unbedingt der optimale Rahmen für den (Wieder)Einstieg. Auch hier kann es schnell zu einer Überforderung kommen.
Was nicht zu empfehlen ist, ist Leistungssport. 

Die Sport- und Bewegungstherapie ist kein Allheilmittel und vor allem kein Wundermittel. Trotz allem können mehrere Studien belegen, dass sich Sport positiv auf die geistige Gesundheit auswirkt. 

Newsletter

Verpassen Sie keine Neuigkeiten aus unserem Experten-Blog.
Wir informieren Sie, sobald es etwas neues gibt zu den unterschiedlichen Facetten der Themen Allgemeinmedizin, Ernährung, Stressmanagement, Sportwissenschaft und Firmengesundheit.

Unser Newsletter enthält Informationen zu unseren Produkten, Angeboten, Aktionen und unserem Unternehmen. Hinweise zum Datenschutz, Widerruf, Protokollierung, sowie der von der Einwilligung umfassten Erfolgsmessung über den US-Anbieter Mailchimp, erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.